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Bonn: Wieder mal WERTHER

90 Minuten mutiges Theater, dass selten in solcher Frische(1) bei gleichzeitig hoher Qualität geboten wird. An städtischen Bühnen vergleichsweise nie. Doch Bonn ist mit seiner Werkstatttradition seid einigen Jahren deutlich mutiger und auch unter der neuen Intendanz bereit Wagnisse einzugehen.

Auf der Werkstattbühne des Bonner Opernhauses hatte in der Spielzeit 2010/11 Franziska Gramss zuletzt den Werther mit Konstantin Lindhorst in der Titelrolle, Anastasia Gubareva als Lotte und Wolfgang Rüter als Albert inszeniert. Nun vier Jahre später bringt Mirja Biel Goethes Briefroman in einer neuen Deutung(2) auf die Vorderbühne der Kammerspiele. Sie verwebt Goethes Text mit Ausschnitten aus den Tagebüchern Kurt Cobain (Dramaturgie Johanna Vater).

Aber funktioniert so ein altes Rezept, um einen klassischen Briefroman, in dem mehr gejammert als gelebt wird, heute aktuell zu dramatisieren?

Das alberne Leiden unglücklich Liebender spielt Benjamin Berger nicht, ihm wirkt die Rolle des W. vom Geheimrat selbst auf den Leib geschrieben. Zwischen Albernheit und Trübsal, Euphorie und Depression wechselt er seine Gefühle. Mit Johanna Falckners Lotte an seiner Seite wird daraus eine furiose „boy meets girl“ Inszenierung wie in einer Billy Wilder (3) Komödie. Hier zeigt die Inszenierung zum ersten Mal, was Theater kann, wenn man Theater macht. Albert macht man in Bonn zum liberalen Bourgeois und Robert Höller gibt in einer Szene eine wunderbare Persiflage auf den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner.

Eine bravoröse Inszenierung, dank der man dem Goethetext sein Alter von 240 Jahren (4) nicht mehr anmerkt. Cobain sei Dank. Neill Young sei Dank. Die Liebe bleibt immer Chemie und es reicht nach Karl Krauss bereits aus, „daß man nicht dümmer erscheint, als man gemacht wird.“ „2

Besetzung
Werther – Benjamin Berger
Lotte – Johanna Falckner
Albert – Robert Höller
Regie: Mirja Biel
Bühne & Kostüme: Luisa Pahlke
Licht: Max Karbe
Video: Lars Figge
Dramaturgie: Johanna Vater
Regieassistenz: Anaïs Durand-Mauptit
Inspizienz: Hans-Jürgen Schmidt
Soufflage: Angelika Schmidt

TERMINE

17 Dez 19:30 H        21 Dez 19:30 H      22 Dez 19:30 H      26 Dez 18:00 H

08 Jan 19:30 H      16 Jan 19:30 H       30 Jan 19:30 H     16 Mrz 19:30 H   

22 Apr 19:30 H

 

WERTHER 2010 https://www.youtube.com/watch?v=dJaAB2pJOnI

WERTHER 2015 https://vimeo.com/149289422

(1) Für Allergiker: Kann Spuren von Goethe enthalten!
(2) Für Allergiker:
Kann Spuren von Kurt Cobain enthalten!
(3) Für Allergiker:
Kann Spuren von Romantik enthalten!
(4) Für Allergiker:
Kann Spuren von Neill Young enthalten!